» Fred Kelemen-Retrospektive bei "posible", dem Festival für mitteleuropäischen Film
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Das Festival für mitteleuropäischen Film "posible" widmet dieses Jahr dem Berliner Regisseur Fred Yefrem Kelemen, einem der wichtigsten neuen Namen der deutschen Filmszene, eine Retrospektive.
Das noch junge Werk von Kelemen stellt im aktuellen Panorama des deutschen Kinos ein relativ einzigartiges Phänomen dar. Der neuere deutsche Film hat dem Autorenkino, welches ihm in den 70er und 80er Jahren internationalen Erfolg einbrachte, den Rücken zugekehrt und konzentriert sich derzeit auf den Mainstream. Ziel der meisten Regisseure ist, das so genannte "große Publikum" zu erreichen. Kelemen setzt diesem allgemeinen Trend seine stilbesessenen, rigorosen Arbeiten entgegen, die von hohem künstlerischen Anspruch geprägt sind, ohne Zugeständnisse an ein breiteres Publikum zu machen. Seine düster-obszönen Filme gehören zum Eindrücklichsten, was derzeit in der deutschen Kinolandschaft zu sehen ist. Susan Sontag hat Kelemens erschreckende Blicke in die Tiefen menschlicher Abgründe als einzigartige visionäre Leistung in einer Zeit der kommerziellen Dekadenz des Kinos bezeichnet.
Wie nur wenige Regisseure hat Fred Kelemen in seinen Filmen die osteuropäischen, sehnsüchtig-melancholischen Elemente von Berlin und der ländlichen DDR herausgearbeitet. ...Die Helden reden wenig, rauchen und trinken viel. "Sie wirken geschlagen vom Leben und behalten doch ihre Würde", findet Detlef Kuhlbrodt in der Berliner Tageszeitung "taz". Die meisterhafte Einfachheit und Klarheit der Narration, die schlichte Schönheit der kontrastreichen, Zeit atmenden Bilder sowie die filmkünstlerische Reinheit in Kelemens Filmen, haben die Filmkritikerin Erika Richter dazu veranlasst, Kelemen mit Bresson und dem frühen Ingmar Bergman zu vergleichen. Der alles Modische und Herkömmliche weit hinter sich lassende Regisseur bringe die innere Not der Charaktere mit großer Intensität nahe. Mit Enthusiasmus beschrieb Jens Jessen seine Filme in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ): "Die Obdachlosen und Bettler auf dem Berliner Alexanderplatz, Drogensüchtige, Invaliden oder Asylanten schwanken, lachen, ihre Augen verschleiern oder weiten sich, sie formieren ein Tanz, der, mit einer Videohandkamera aus dem Alltag gegriffen, wie eine Choreographie des torkelnden, blind-frohen und blind-angstvollen Menschenlebens wirkt. Selten ist das Glitzern von Schnaps in einer Flasche so funkelnd verführerisch fotografiert worden wie von Kelemen; aber nicht, um die Schönheit des Alkohols zu feiern, sondern um die Schönheit durch den Alkohol zu denunzieren: als Mutter der Alkoholvergiftung und anderen Unheils. Selten ist der schöne Körper einer schönen Frau so ausführlich vorgeführt worden wie im Kelemens Filmen; aber nicht um das Begehren zu feiern, sondern um es als Quelle von Eifersucht, Gewalt und Notzucht plausibel zu machen."
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Goethe Institut Barcelona, Januar 2005